Liebe Interessierte am Nach-Denk-Brief!
Liebe Freundinnen und Freunde!

Du sollst keine anderen Götter haben neben mir!

„Woran du nun, sage ich, dein Herz hängst und [worauf du dich] verlässest, das ist eigentlich dein Gott.“

So sagt Martin Luther im Großen Katechismus.
Sicher – ich hänge mein Herz an Vielerlei – an Menschen, die mir wichtig sind, an Dinge, die ich meine zu brauchen, an meine Gesundheit, meine Arbeit …
Luther schreibt weiter: „Sieh zu und lasse mich allein deinen Gott sein (ego solus Deus) und suche ja keinen andern; das heißt: was dir mangelt an Gutem, das erhoffe bei mir und suche bei mir, … Ich, ich will dir genug geben …

Unsere Bibel ist in einem Umfeld des Polytheismus (Vielgötterei) entstanden.

Sowohl im Alten Testament als auch im Neuen ist daher immer wieder die Rede von anderen Göttern. Das „Pan-Theon“ in Rom zeugt davon: ein runder Raum mit einer riesigen Kuppel, und einem tempelartigen Pronaus. Vermutlich 609 wurde der heidnische Bau für die vielen Götter zu einer Kirche zur Ehre Mariens und der Märtyrer umgewidmet.

Für uns sind die Götter der biblischen Zeit keine Versuchung,

wenngleich auch im sogenannten Pantheismus (Allgottglaube) die Natur belebt von Göttern gedacht wird – und diese Vorstellungen gibt es auch heute.
Unsere Versuchungen liegen eher in den „Göttern“, die auch Luther schon nennt: Geld und Gut; Wissen, Macht und Einfluss; die Heiligen und der Teufel, auch wenn wir genau den heute anders nennen, aber Teuflisches gibt es genug in dieser Welt. Und Aberglauben treibt in unserer ach so säkularen und rationalen Welt ganz seltsame Blüten.

Aus dem Großen Katechismus:

„ …das ist Geld und Gut, darauf er all sein Herz setzt, welches auch der allergewöhnlichste Abgott ist auf Erden. Wer Geld und Gut hat, der weiß sich sicher, ist fröhlich und unerschrocken, als sitze er mitten im Paradies.“ 
Wie flüchtig ist dieser Trost – gerade die Corona-Bedrohungs-Szenarien haben das wieder ans Licht gebracht. 
„…Also auch, wer darauf traut und trotzt, dass er große Kunst, Klugheit, Gewalt, Gunst, Freundschaft und Ehre hat, der hat auch einen Gott, aber nicht diesen rechten, einigen Gott.“
Sehr modern klingen diese Versuchungen. Wissen ist Macht, sagen wir, aber Macht manipuliert auch das Wissen; Klugheit setzt sich oft durch als eigentliche Gewalt – und die Dummheit treibt daneben fröhliche Urständ. Paulus warnt vor der selbstangemaßten Klugheit: Seid eines Sinnes untereinander. Trachtet nicht nach hohen Dingen, sondern haltet euch zu den niedrigen. Haltet euch nicht selbst für klug. Rö 12,16.

Wo ist mein Gott? Woran hänge ich mein Herz –

stärker und inniger als an Gott?
Was gibt mir Halt im Leben und im Sterben, in frohen Zeiten und in der Ungewissheit der Tage?

Nochmals Luther: „So verstehst du nun leicht, was und wie viel dies Gebot fordert, nämlich das ganze Herz des Menschen und alle Zuversicht auf Gott allein und niemand anders. Denn Gott zu haben kannst du wohl abnehmen, dass man ihn nicht mit Fingern ergreifen und fassen noch in Beutel stecken oder in Kasten schließen kann. Das heißt ihn aber gefasst, wenn ihn das Herz ergreift und an ihm hängt….Darauf sehe nun ein jeglicher bei sich selbst, dass man dies Gebot vor allen Dingen groß und hoch achte und in keinen Scherz schlage. Frage und forsche dein eigenes Herz wohl, so wirst du wohl finden, ob es allein an Gott hange oder nicht.“

Eure

Ingrid Vogel