Liebe Interessierte am Nach-Denk-Brief!
Liebe Freundinnen und Freunde!
Verhüllungskünste – wozu?
Das Projekt: „Umbrellas“ des Künstlerehepaares Christo & Jeanne-Claude 1986 in Kalifornien und Japan schließt an die Schirme an. Die Künstler stellten insgesamt etwa 3000 Schirme auf und lenkten so den Blick auf das, was man sonst nicht so sieht. Dies war in allen ihren Aktionen das Ziel: neu sehen lernen.
Verhüllen gibt also den Blick auf das Wesentliche frei.
Verhüllen ist wie ein Fasten der Augen:
So verhüllen Fastentücher den Gekreuzigten.
Schleier verdenken das Gesicht der Braut. Verschleierung – Verhüllung – steigern den Reiz des Schauens, des Erahnens, des Dahinterblickens. Die Neugier steigt, und das Erleben des unverhüllten Sehens kann umwerfend werden. Reizwäsche soll übrigens auch genau diesen Effekt steigern.
„Die Nebel entweichen im Glanze der strahlenden Klarheit und Kraft des kommenden Christus.“
Der Hymnus zum Samstagmorgen weckt diese Neugier auf Christus hin. Schon in der ersten Strophe wird unser Blick klar auf Christus hingelenkt. „Die Nacht ist vergangen, wir schauen erwartend den steigenden Tag und grüßen dich, Christus.“ Das Bild der aufhellenden Nebel lenkt das innere Beten auf Ihn – den Christus, das neue Licht, die Sonne der Gerechtigkeit, auf den, von dem wir Neues an dem neuen Tag erwarten. Wie die aufsteigenden Nebel in Assisi wächst die Spannung: welcher Ausblick wird sichtbar werden, welchen Einblick dürfen wir gewinnen?
Zwei bekannte Stellen unserer Bibel zeigen, dass wir Gott nicht unverhüllt sehen können:
Bei der Berufung des Mose lesen wir: 2 Mos 3,16 Und der HERR sprach weiter: Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs. Und Mose verhüllte sein Angesicht; denn er fürchtete sich, Gott anzuschauen.
1 Kön 19,11f Der HERR sprach zu Elia: Geh heraus und tritt hin auf den Berg vor den HERRN! Und siehe, der HERR ging vorüber. Und ein großer, starker Wind, der die Berge zerriss und die Felsen zerbrach, kam vor dem HERRN her; der HERR aber war nicht im Winde. Nach dem Wind aber kam ein Erdbeben; aber der HERR war nicht im Erdbeben. Und nach dem Erdbeben kam ein Feuer; aber der HERR war nicht im Feuer. Und nach dem Feuer kam ein stilles, sanftes Sausen. Als das Elia hörte, verhüllte er sein Antlitz mit seinem Mantel und ging hinaus und trat in den Eingang der Höhle.
In beiden Stellen ist es nicht Gott, der sich verhüllt, sondern der, der ihm begegnet erkennt, dass er Gott nur verhüllt wahrnehmen kann. 2 Mos 33,20 spricht das nochmals deutlich aus: Und er sprach weiter: Mein Angesicht kannst du nicht sehen; denn kein Mensch wird leben, der mich sieht.
Dies ist wohl auch einer der Hintergründe für das Verschleiern der Christinnen:
Im Codex Iuris Canonici (CIC) wurde erst bei der großen Revision 1983 jener Canon aufgehoben, in dem den Frauen geboten war, einen Kommunionschleier zu tragen (oder eine andere Kopfbedekung). Auch die meisten Mariendarstellungen zeigen die Mutter Gottes mit einem Schleier. Die früheren Nonnen und die Diakonissen trugen selbstverständlich einen Schleier, bzw. die Haube, womit die Diakonissen den verheirateten Frauen gleichgestellt wurden.
Zur abendlichen Stunde grüße ich Euch mit Matthias Claudius: „Der Mond ist aufgegangen, die goldnen Sternlein prangen am Himmel hell und klar. Der Wald steht schwarz und schweiget, und aus den Wiesen steiget der weiße Nebel wunderbar“.
Eure
Ingrid Vogel