Liebe Interessierte am Nach-Denk-Brief!
Liebe Freundinnen und Freunde!
Nimm en mit, laß en do.
(Peter Rossegger, Der Regenschirm)
Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt,
der spricht zu dem HERRN: Meine Zuversicht und meine Burg, mein Gott, auf den ich hoffe …
Er wird dich mit seinen Fittichen decken, und Zuflucht wirst du haben unter seinen Flügeln. Seine Wahrheit ist Schirm und Schild. (Ps.91)
Der Kompletpsalm zählt zu den täglichen Gebeten, und er vermittelt Geborgenheit und Zuversicht.
Unter diesem Schirm darf ich mich wirklich sicher fühlen. Da stellt sich nicht erst die Frage, ob ich ihn mitnehm oder nicht. Im Alltag allerdings ist er schon lästig: immer zu schwer (vor allem als Knirps), zu lang, zu leicht zu vergessen – wie viele Schirme lagern wohl in den meisten öffentlich zugänglichen Räumen…
Ähnlich verwendet auch Psalm 32,7 das Bild: Du bist mein Schirm, du wirst mich vor Angst behüten, dass ich errettet gar fröhlich rühmen kann. Und Ps 17,8 Behüte mich wie einen Augapfel im Auge, beschirme mich unter dem Schatten deiner Flügel.
Klar, es kommt immer auf die Übersetzung an –
und ich möchte in diesen nach-denklichen Briefen nicht auf Ursprachen und Textkritik zurückgreifen. Deutlich ist, dass der Schirm immer dann als Bild verwendet wird, wenn klar werden soll: Ja, da ist einer, der behütet, der kümmert sich um mich, der sorgt auch in schweren Zeiten für alle, die zu ihm gehören, der hält manches Unheil ab und ist einfach da, wenn ich ihn brauche, egal ob ich ihn grad bewusst mitnehme oder ihn vielleicht mal kurz vergesse. (Denn wir alle wissen, das gilt nicht nur für Regenschirme, sondern ganz sicher auch mal für Gott selbst).
Ein Vergleich mit dem Himmelszelt legt sich nahe,
und dann ist der Weg zum Kosmos nicht mehr weit – so wird das Bild in anderen Kulturen mitunter gedeutet.
Rettungsschirme aller Art werden in Krisenzeiten versprochen – so auch in der Momentanen.
Und eine bescheidene Frage – wovor sitzt Ihr denn, wenn Ihr das im Moment lesen könnt – der Bildschirm hat mit dem biblischen Kontext wenig zu tun, erinnert uns aber auch an andere Wortaspekte, wie das neumodische: das hab ich grad nicht am Schirm.
Mit Schirm, Charme und Melone
kommt Ihr jedenfalls sicher gut durch den Alltag und könnt die schützende Funktion gleich am eigenen Leib testen.
Wenn dann zur Kompletzeit auch noch ein Quäntchen Zeit für den Psalm übrig ist, dann dürft Ihr Euch verbunden wissen mit vielen Betenden sowohl durch die Jahrhunderte als auch quer über den Erdball.
Und vielleicht stolpert Ihr dann ja auch über den Vers: 11f Denn er hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen, dass sie dich auf den Händen tragen und du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest.
Eure
Ingrid Vogel