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Mondnacht

Immer wenn ich die Mondsichel sehe, muss ich an die Eselsbrücke denken: Luna mendax est. Sie lügt uns an, die Monddame – das c von crescens schaut genau in die andere Richtung als die zunehmende (crescens) Sichel.

Aber nicht nur der Mond ist eine Lügnerin, auch der Mensch.

Ps 116,11 Ich sprach in meinem Zagen: Alle Menschen sind Lügner. In der Vulgata, der lateinischen Bibelübersetzung, klingt das so: Ego dixi in excessu meo : Omnis homo mendax.

Sagenumwoben, symbolträchtig und mit allerlei Mystischem umgeben – so ist der Mond.

In der Esoterik spielt er eine wichtige Rolle, bei Kindern ist er beliebt, und Frauen „fahren oft richtig ab“ auf dieses wandelbare und emotionale Himmelsgeschehen. Sie – die Luna – kann Führerin und gleichzeitig Verführerin sein, bestimmt die Gezeiten der Meere, die Jahreszeiten und vieles mehr. Und ehrlich – so eine Vollmondnacht hat schon was. Wie die meisten wohl wissen, blüht auch viel Aberglaube um unsere Himmelsnachbarin.

Natürlich gibt es auch zum Mond einiges Skurriles und Kurioses.

Als kleines Beispiel ein wohl allbekanntes und mit vielen Varianten überliefertes Gedichtlein (die ersten zwei Strophen):
Dunkel war’s, der Mond schien helle,
schneebedeckt die grüne Flur,
als ein Wagen blitzesschnelle,
langsam um die (runde) Ecke fuhr.
Drinnen saßen stehend Leute,
schweigend ins Gespräch vertieft,
als ein totgeschoss’ner Hase
auf der Sandbank Schlittschuh lief.

In der Bibel kommt der Mond als Teil der Schöpfung vor.

Besonders berührend die Aussage aus Psalm 121, 5f Der HERR behütet dich; der HERR ist dein Schatten über deiner rechten Hand, dass dich des Tages die Sonne nicht steche noch der Mond des Nachts.
Ganz anders die Stelle aus Offenbarung 12,1 Und es erschien ein großes Zeichen im Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet, und der Mond unter ihren Füßen und auf ihrem Haupt eine Krone von zwölf Sternen. Dieser Vers der Offenbarung bietet für die Ikonographie die Grundlage, um Maria auf der Mondsichel darzustellen. Der Mond ist in vielen Religionen und Überlieferungen Symbol für das Weibliche, Zeichen der Empfangenden, Bild für das Dunkel – auch die depressiven Anteile des Lebens. Und besonders die ganz schmale Sichel steht als Mondbarke in Verbindung mit dem Totenschiff.

Das wohl bekannteste und für mich schönste Mondlied hat und Matthias Claudius geschenkt, mit vielen Bildern, für Herz, Glaube und Gemüt: Der Mond ist aufgegangen …

Aber auch das Volkslied ist voll von Anspielungen und Bildern:

Guter Mond, du gehst so stille in den Abendwolken hin,
bist so ruhig, und ich fühle, dass ich ohne Ruhe bin.
Traurig folgen meine Blicke deiner stillen heitern Bahn.
O wie hart ist mein Geschicke, dass ich dir nicht folgen kann!

Eure

Ingrid Vogel