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Nonsense – Kurioses 5

Der Bananen-Krummbieger, der Zitronen-Falter, der Schaffner im schaffner-losen Beiwagen, oder auch die literarisch überlieferten Ausdrücke: Nasobem, Windhorn-Gans, Mondkalb u.v.a. – sie sind Beispiele für Nonsense. Aber nicht nur als literarische Gattung, nein auch Gegenstände gesellen sich dazu: eine bodenlose Vase …. Eine erste Hochblüte erreichte die Nonsense-Literatur bereits um die Mitte des 19. Jh, und dann in den 70er Jahren des 20ten – da gab es auch eine Fernsehserie zum Nonsense.
Aber eigentlich hat Nonsense immer Saison!

Mene mene tekel u-parsin. Dan 5,25, ein Wortspiel, das zwar gleich gedeutet wird, da es sonst einfach Nonsense wäre. Unsere Bibel ist genau genommen voll von Nonsense-Sprüchen, auch wenn sie tiefernst gemeint sind; aber zumindest sind viele rätselhaft und entbehren der schnell zugänglichen Logik.

Natürlich sind sie nicht Nonsense im Strengen sind – sofern Nonsense streng sein kann, denn ein Kriterium ist die Komik. Wortspiele, Reime ohne Sinn, Paradoxa, einfache Buchstabendreher und komplizierte Neologismen … Edwards Lears, Morgenstern und Ringelnatz sind frühe Vertreter der Literaturgattung.

Aber zurück zur Bibel: Klar, wir sind gewohnt, die Dinge mit einem guten theologischen Wissen und mit unserem Glauben auf der anderen Seite zu interpretieren. Aber für sich genommen, würden schon so einige Verse etwas hergeben, was sich mit guter Nonsense-Literatur messen kann.
Joh 3,3f Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht von Neuem geboren wird, so kann er das Reich Gottes nicht sehen. Nikodemus spricht zu ihm: Wie kann ein Mensch geboren werden, wenn er alt ist? Kann er denn wieder in seiner Mutter Leib gehen und geboren werden? Joh 10,30 Ich und der Vater sind eins. Oder auch in Joh 2,19 19 Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Brecht diesen Tempel ab und in drei Tagen will ich ihn aufrichten. Joh 17, 22f …wie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir, auf dass sie vollkommen eins seien … Mt 13,13 Darum rede ich zu ihnen in Gleichnissen. Denn mit sehenden Augen sehen sie nicht und mit hörenden Ohren hören sie nicht; und sie verstehen es nicht. Das Mittel, um ganz zu den Menschen zu kommen, und aus ihrer Welt zu reden, ist auch genau das Mittel, das verwirren kann, das viele Fragen offen lässt.

Bei manchen der Aussagen unserer Bibel stehen unverständige, uneingewiesene Lesende einfach daneben.

Für Menschen, die nicht in unserem Kulturkreis aufgewachsen sind, für Menschen, die nie in ihrem Leben mit der biblischen Botschaft in Berührung gekommen sind, können ganz viele Aussagen nur als Rätsel, als Nonsense oder als mystische Rede aufgenommen werden.
Vielleicht kann uns der – ich gebe zu schwer zu erreichende – Blick ganz von außen wieder lehren die mystische Dimension der Bibel neu zu entdecken – d.h. für mich in dem Zusammenhang, die Decke der gewohnten Interpretation zu lüften. Wie bei einer paradoxen Intervention könnte es sein, dass wir den wahren Gehalt der Botschaft wieder einmal völlig neu erfassen und andere Tiefen ausloten können.

Vom saitenlosen Klavier ist übrigens in mehreren literarischen Quellen die Rede – auch vor der „Erfindung“ des Nonsense. Und tastenlose Tastaturen gibt es ja schon – alles nur eine Frage der Zeit. Zu solchen neuen Möglichkeiten – die Sinnhaftigkeit mal beiseite gelegt – kommt man mitunter einfach durchs Neudenken. Ein Neudenken biblischer Botschaft kann also durchaus beflügeln (wenn auch nicht auf dem tastenlosen, saitenlosen Flügel)!

Eure

Ingrid Vogel