Liebe Interessierte am Nach-Denk-Brief!
Liebe Freundinnen und Freunde!

Als flögen sie davon – Kurioses 1

Ps 90,10 Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn’s hochkommt, so sind’s achtzig Jahre, und was daran köstlich scheint, ist doch nur vergebliche Mühe; denn es fähret schnell dahin, als flögen wir davon.

Off 14,13 Und ich hörte eine Stimme vom Himmel zu mir sagen: Schreibe: Selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben von nun an. Ja, der Geist spricht, dass sie ruhen von ihren Mühen; denn ihre Werke folgen ihnen nach.

Selig – erleichtert – flugtauglich – mit der Leichtigkeit des Seins – …

Als flögen sie davon – nur die Schnüre halten sie fest, dass sie nicht durch die Leichenhalle aufsteigen. Bunt und luftig, daneben das schwere Bierfass, wie ein Kontrapunkt.

Es regnet draußen in Strömen.
Das Fest will nicht so wirklich in Gang kommen.
Im Flur werden die unter einem großen Sonnen-, heute eher Regen-Schirm, gegrillten Würstl feilgeboten. Der Kartoffelsalat hat anscheinend schon einen Regenguss mitbekommen.
Das Bier findet keinen Absatz bei den Temperaturen.
Kaffee und Tee sind die Renner heute. Einer ruft nach Glühwein – aber den gibt es nicht Anfang Juli.
Wohin mit all den vorbereiteten Dingen?
Da bietet sich die Leichenhalle an – naja, anbieten?
Aber wer wird denn da so streng sein?

Selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben von nun an.

Eigentlich mindestens ebenso kurios.
Tote als Selige – Tote als Sterbende – Tote erst ab jetzt?
Ruhen von den Mühen? – ach ja: siebzig – achtzig – Mühe, und die noch vergeblich! Woher kommen dann die guten Werke, die folgen? – – –

Aber kann man bei Kuriosem überhaupt verweilen? Bringt’s das, darüber nachzusinnen? Oder war es nicht immer so, dass genau im Kuriosen, im Kabarettistischen, im Überzeichneten die tiefste Wahrheit liegt?

Über den Quiqui spricht man nicht. „Wer auch immer du bist“ – so soll die vermutlich aus dem Lateinischen stammende Bedeutung der Bezeichnung für den Sensenmann sein. Aber Quiqui klingt fast so luftig locker wie die Ballons. Eigentlich eigenartig, dass m.W. noch niemand diese letzte Fahrt mit einer Ballonfahrt vergleichen hat.

Die Wiener sind ja durchaus erfinderisch mit Ausdrücken zum Tod.

Eine kleine Kostprobe der Kuriosa:
a’bankeln, oder auch a Bankl reissn, de Potschn streckn oder aufstön, hamdrahn, en Löffl abgebn, in die Kistn hupfn, a Brezn reißn, ins Sackl springen, den Holzpyjama anziagn, da Goaraus, da Ginkal, mit da Blaun vom Anasiebziger foarn, ins Gras beißen, an Abgang machen, se d‘ Schleifn gebn, die Stufn packn, die Radieschen von unten anschaun…In vielen dieser Ausdrücke verbirgt sich eine tiefe Wahrheit und eine große Sehnsucht, die man nicht so leicht zugeben will: Selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben von nun an. Ja, der Geist spricht, dass sie ruhen von ihren Mühen; denn ihre Werke folgen ihnen nach.
Ja stimmt: als flögen wir davon. Und auf Wienerisch: als arme Sööö zum Petrus aufe fliagn.
Auch im Kuriosen gibt’s also so einiges zum Nach-Denken!

Eure

Ingrid Vogel