Liebe Interessierte am Nach-Denk-Brief!
Liebe Freundinnen und Freunde!
Puff, Puff, Puff, kleines Lokolieschen!
Beim Midigottesdienst zum Schulschluss war es viele Jahre hindurch auf dem Gottesdienstzettel – das kleine Lokolieschen. Ein unaufgeregtes Kinderliedchen aus dem Grips – Liederbuch, das vor ca. 40 Jahren entstanden ist für das Grips Kindertheater; dieses sagt von sich, es wäre: gesellschaftskritisch, emanzipatorisch, komödiantisch und musikalisch (Volker Ludwig).
Ich danke Charly, dass er uns das Buch, das damals ganz neu war, nahegebracht hat. Meine Kinder haben vor allem das Lied vom Kuscheltier geliebt, aber auch „Warum haben die Großen Angst“, das „Bratkartoffellied“, „Ottokar hat Segelohren“ und viele andere, ganz aus dem Alltag der Kinder genommene Fragen und Texte.
Das Lokolieschen ist wohl das Unkomplizierteste der Lieder. Es war mir immer ein kleiner Begleiter in die Ferienzeit für groß und klein mit dem abschließenden Aufruf: fahr uns in die Welt, nimm uns alle mit.
In diesem Jahr sind Ferienfahrten nicht einfach.
In einige der Länder ist es trotz der Freigabe nicht ungefährlich zu reisen, für andere gelten immer noch Quarantänebestimmungen – das kennen wir im freien Westen nicht: „Reisewarnungen“, oder gar „Reisebeschränkungen“ – da scheint das kleine Lokolieschen nicht mitzumachen.
In unserer Bibel wird ganz viel berichtet von Ortswechseln, vom Reisen,
von Wegen verschiedener Art. Ochsenkarren, Esel und sogar Kamele waren die Transportmittel, und so kamen die Menschen von A nach B. Oft hatten sie das Gefühl, ihnen wäre diese Reise befohlen worden, sie müssten reisen. Meist waren es ganze Stämme oder sogar das ganze Volk, die sich auf den Weg machten auf Gottes Geheiß: Sei es Abraham, der aus Ur in das Gebiet von Kanaan gesandt wurde, oder die Weisen aus dem Morgenland. Seien es die Reisen des Paulus und seiner Mitarbeiter oder auch der prägende Auszug aus Ägypten. Ein besonders störrischer Reisender war Jona, der absolut nicht gehorchen, und nicht nach Ninive reisen wollte. Verständlich – hatte er doch dort auch einen schwierigen Auftrag zu erfüllen.
Das Reisen gehört aber auch in der nicht-nomadischen Gesellschaft zu einer ganz wichtigen Ausdrucksform unseres Lebens.
Und es ist auch in Nicht-Corona-Zeiten immer mit Unsicherheit und Herausforderungen unterschiedlicher Art behaftet: gibt man doch beim Reisen den vertrauten Standort auf und macht sich auf in eine ungewisse Zukunft. Wege sind unsicher und bergen Gefahren (vgl. der barmherzige Samariter), auf ihnen betritt der Reisende Neuland.
Symbolisch ist die Reise immer ein Bild für den Weg durch das Leben, für ein Ankommen in der Ewigkeit, für ein Durchwandern der unterschiedlichen Lebensalter, für Offenheit zu Neuem und zugleich für die Ablehnung von Fremdem. Die Reise in das eigene Unbewusste ist aber vielleicht die spannendste und vor allem die nie abgeschlossene.
1Mos 12,1 Und der HERR sprach zu Abram: Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will.
Eure
Ingrid Vogel