Liebe Interessierte am Nach-Denk-Brief!​​​​​
Liebe Freundinnen und Freunde!

Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen. Ps 18,30

Ja, du, HERR, bist meine Leuchte; der HERR macht meine Finsternis licht.
Denn mit dir kann ich Wälle erstürmen und mit meinem Gott über Mauern springen. Gottes Wege sind vollkommen, des HERRN Worte sind durchläutert.
2 Sam 22,29f.

Welche Zuversicht spricht doch aus diesen Versen!

Gott macht meine Finsternis hell, Gott bringt mich sicher über trennende Mauern, Gottes Wege sind vollkommen!
Fenster sind Öffnungen in den Mauern.
Aber die Mauern stehen fest gegründet, sie schützen, sie bewahren, was drinnen und bergen. Sie geben Widerstand gegen Eindringlinge, lassen abprallen, was anstößt, was anstößig ist.
Mauern, laden ein, sie zu durchdringen, zu überspringen, zu stürmen.

Jesus Sirach 22,16f Wie ein Haus, das Holzbalken in seinen Mauern hat, beim Erdbeben nicht einstürzt, so ist auch ein Herz, das auf klugen Rat baut: Es fürchtet sich zu keiner Zeit.
Wie schöner Stuck an einer glatten Wand, so ist ein Herz, das festhält an verständiger Erkenntnis.

Mauern halten fest und gefangen,

sie geben uns das Gefühl, eingesperrt zu sein. Sie sperren weg, was nicht für die Allgemeinheit gedacht ist. Sie hindern uns, zueinander zu kommen.

Mauern verbergen und machen neugierig,

sie zu überwinden und zu durchdringen. Was mag wohl hinter der Mauer sein? Welches Geheimnis ist hier meinem Blick entzogen, vor meinem Zugriff bewahrt?

Mauern trennen.

Die Berliner Mauer war 28 Jahre lang Symbol der Teilung Deutschlands. Das Bauwerk hatte eine Gesamtlänge von ca. 155 Kilometern. Die Mauer war Symbol für Grenze, für Angst, für Schrecken.

Die Mauer ist Symbol des Weiblichen,

weil sie Geborgenheit schenken kann und Sicherheit. Sie umschließt oftmals den Garten der Fruchtbarkeit.

Mauern als Verb steht auch für den Shutdown in der Kommunikation, und damit oft auch in der Beziehung.
Boykottieren von gedeihlichem Miteinander, Blockieren von Entschlüssen und Verstummen im Austausch.

Weltweit entstehen vermehrt neue Maueranlagen.

Staaten grenzen sich wieder stärker voneinander ab. Dafür gibt es politische, auf der Hand liegende Gründe. Letztlich aber liegt es in der Psyche von uns Menschen: wir suchen Halt, Sicherheit und haben Ängste. Fremdes, Ungewohntes und Unberechenbares erfüllt diese Sehnsüchte nicht. Darum versuchen wir, möglichst all dies draußen zu lassen, und eben am besten mit Mauern das Eigene zu schützen.

Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen – über die Mauern der Angst, des Trennenden, des vermeintlich Bedrohlichen. Wie schöner Stuck an einer glatten Wand, so ist ein Herz, das festhält an verständiger Erkenntnis. Es ist letztlich die Wand, die geziert von Stuck, die Schönheit und Weite des Lebens eröffnet.
Die Weite des Herzens allen Mauern zum Trotz bringt uns ein Stück näher zusammen, meint

Eure

Ingrid Vogel