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Einheit in Vielfalt – Ökumene immer wieder auf dem Prüfstand

Es sind verschiedene Gaben; aber es ist ein Geist. Schreibt Paulus: 1.Kor 12,4 Der Geist – oft auch im Symbol der Taube dargestellt – bringt die Einheit in die breite Vielfalt christlicher Kirchen, des christlichen Denkens, der Theologien und vor allem der unterschiedlichen Spiritualität.

Diese Taube sitzt direkt am Eingang zur Georgskathedrale in Istanbul, dem Sitz des ökumenischen Patriarchen. Dieser ist das Oberhaupt der orthodoxen Kirche von Konstantinopel (heute Istanbul), hat aber innerhalb der Orthodoxie die Vorrangstellung als primus inter pares unter den Bischöfen.
Der Termin für das orthodoxe Pfingstfest liegt 2020 eine Woche nach dem der Westkirchen – ebenfalls 50 Tage nach Ostern, wie bei uns.

So wie die befreiten Juden 50 Tage nach dem Passahfest Shavout feiern, und damit den Tag, an dem das Gesetz, die Tora, von Gott am Sinai an Mose und das Volk neu gegeben wurde, feiern die Christen am 50. Tag nach Ostern Pfingsten, das Fest der Einheit in der Vielfalt, an dem uns der Geist des Lebens neu gegeben wurde.
Jede Kirche hat ihre besonderen Gaben, ihre besonderen Eigenarten. So begeht z.B. die orthodoxe Kirche zu Pfingsten nicht nur die Ausgießung des Geistes, sondern auch das Fest der Trinität. Im Voraus wird ein Totengedenken gehalten. Die Verbindung über Grenzen hinweg, die wir als fix voraussetzen, wird dabei deutlich.

Pfingsten ist das Fest der Verbindung – denn der Geist verbindet

die getrennten Völker in einer neuen Sprache, er verbindet die Toten und die Lebenden, er verbindet aber vor allem die Kirchen, die an einer „spirituellen Fremdsprachigkeit“ leiden. Pfingsten wird ja auch als der Geburtstag der Kirche bezeichnet, denn Kirche wird sprachfähig, über die trennenden Grenzen hinweg.

In der Ökumene geht es darum, immer wieder neu zu übersetzen,

was in fremdem Gewand daherkommt. In der Ökumene geht es also darum, auf Augenhöhe anzusehen, zu achten und wertschätzend mit den Traditionen der anderen umzugehen. So werden alle bereichert und das Fremde kann das Eigene befruchten, in gutem Sinn aufmischen und damit „reformieren“.
Es geht also weder um den Einheitsbrei, in dem wir keinen Unterschied mehr erkennen, noch um das Aufgeben des Eigenen, aber auch sicher nicht um das strenge – vielleicht gar noch konkurrierende – Trennen der Wege.

Pfingsten will uns in der Ökumene neu sprachfähig machen

im Miteinander des Gebets, des Feierns und des Lebens – des Lebens in dieser Welt, in der wir Christen immer mehr marginalisiert werden.

Epheser 4,1 lesen wir über diese Einheit in der Vielfalt: So ermahne ich euch nun, … Ertragt einer den andern in Liebe 3 und seid darauf bedacht, zu wahren die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens: 4 ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung; 5 ein Herr, ein Glaube, eine Taufe; 6 ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen.

Lernen wir neu das Leben aus dem Geist der Ökumene –

auch mit jenen Kirchen, die wir nicht dauernd im Blick haben, auch mit den Kirchen, die uns vielleicht besonders fremd zu sein scheinen. Der Geist wird uns dabei helfen!

Eure

Ingrid Vogel