Liebe Interessierte am Nach-Denk-Brief!
Liebe Freundinnen und Freunde!

Man muss das Rad nicht immer neu erfinden, wenn man die Dinge ins Rollen bringen will.

Diese Redensart haben wir vermutlich alle schon öfter zitiert und vor allem, den Sinn nachbuchstabiert.

In vielen Kulturen steht das Rad in Verbindung mit dem Sonnenrad –

ein Attribut der Sonnengötter, ein Hinweis auf die Herrschaft, die alles umfängt, ein Zeichen für das Werden und das Vergehen von Zeit. Damit ist es auch ein Symbol von Geburt und Tod, Glück und Unglück, Erfolg und Niederlage. Für manche fühlt sich dann allerdings das Leben an wie in einem Hamsterrad, immer wieder im gleichen Trott, aus dem es scheinbar kein Entrinnen gibt.

Als Weg der Erleuchtung mit 8 Speichen, und damit in allerletzter Konsequenz als Weg zur Freiheit, versteht der Buddhismus das Rad der Wiedergeburt – das Lebensrad, doch bis dahin müssen viele Stufen oder Segmente durchlaufen sein (die 6 Bereiche der Wiedergeburt: die Götter, Halbgötter, Menschen, Tiere, hungrige Geister und Hölle).

Das Rad steht für die ständige Wiederkehr,

und damit für die zyklisch verlaufende Zeit. Anders als die Zeitachse, die eine teleologische Ausrichtung hat, ist das Rad die strukturgebende Form des Jahreskreises, der Jahreszeiten, der Festzeiten. Lange bevor das Rad Fortbewegungsmittel und technische Hilfe wurde, wurde es in dieser Form als Symbol kosmischer Ordnung verstanden, vermutlich geht dies schon zurück in die Jungsteinzeit. In dieser Bedeutung steht es dem Kreis, dem Ring nahe.

Nicht nur um ein Schiff zu lenken, auch im übertragenen Sinn zeigt das Steuerrad, dass wir durch unser Leben hindurch immer wieder eine Richtungsänderung brauchen, oder zumindest Kurskorrekturen angemessen sind. Was kann ich selbst steuern, was muss ich lenken in meinem Leben, oder wo darf ich mich mit meinem Lebensschiffchen in die Hand des Steuermanns begeben, der mich durch die Fluten des Lebens hindurch leitet. Haben wir nicht gerade jetzt in den Coronazeiten erlebt, dass so vieles unserem eigenen Steuern entzogen ist?

Als kleine Denkschule gebe ich Euch heute einen kurzen Abschnitt aus dem Jakobusbrief im 3. Kapitel mit: 4 So auch die Schiffe: Wie groß sie auch sein mögen und wie heftig die Winde, die sie treiben – vom kleinsten Steuerruder werden sie gelenkt, wohin immer der Steuermann sie führen will! 5 So ist auch die Zunge ein kleines Glied und brüstet sich doch mit großen Dingen. Seht, wie klein ist das Feuer und wie groß der Wald, den es anzuzünden vermag! 6 Auch die Zunge ist ein Feuer – als die Welt des Unrechts erweist sich die Zunge unter unseren Gliedern: Sie macht den ganzen Leib schmutzig, sie steckt das Rad des Lebens in Brand und wird ihrerseits von der Hölle in Brand gesteckt.

Lasst Euch inspirieren von diesen Worten aus der „strohernen Epistel“, wie Luther den Jakobusbrief nannte, und habt einen guten Tag

Eure

Ingrid Vogel