Liebe Interessierte am Nach-Denk-Brief!
Liebe Freundinnen und Freunde!

Von der Teekanne über den Artesischen Brunnen zur Schiffsschleuse.

Eine Art von Säulen hab ich Euch gestern vorenthalten: die Wassersäulen. Wassersäulen haben unterschiedliche praktische Bedeutungen im Alltag: neben der guten alten Kolbenpumpe, also einer „Zapfsäule“ für Wasser, bezeichnet sie z.B. eine Art Maßeinheit für Wasserdruck, und gibt an, wie wasserbeständig ein Gewebe ist (bei Zelten, Outdoorkleidung…).

Diese Bezeichnung beruht auf dem Phänomen des hydrostatischen Drucks. Und dieser wiederum hängt mit der Gravitation zusammen: Vielleicht erinnern sich manche noch an das Pascalsche Phänomen, dass nämlich der Druck auf eine Fläche nicht von der Menge in einem Gefäß abhängt, sondern allein von der Standfläche und der Höhe der Wassersäule. Wer auf großem Fuß lebt steh stabiler als jemand auf Bleistiftabsätzen – das sieht man meist beim Zuschaun! Weil es auf die Höhe ankommt, hieß das Maß früher auch mWS, d.h. Meter-Wassersäule.

Dass es nicht Wasser sein muss, kennen wir beim Weinheber.
Wer aufmerksam durch Wien fährt, entdeckt noch an manchen höhergelegenen Punkten der Stadt die Wasserreservoire und Wassertürme der beiden Hochquellwasserleitungen, die auch dieses Prinzip nützen, letztlich also Verwendungen der Wassersäulen für unsere Trinkwasserversorgung, für unser Leben.

Im spirituellen Sinn interessieren mich

aber nicht nur die Verhältnisse von Druck und Gegendruck.
Das Wichtigste ist mir die alte Erkenntnis des Archimedes über kommunizierende Gefäße.
Die Wassersäulen in den unterschiedlichst geformten Gefäßen haben immer einen gleich hohen Wasserspiegel, wenn sie nur im Grund verbunden sind.

Ist das nicht ein Bild für unsere Gemeinden:

Es ist völlig nebensächlich, wie die einzelnen Mitglieder unserer Gemeinden geformt sind, welche speziellen Begabungen sie haben, welche Interessen und Berufe – wenn sie im Untergrund verbunden sind, steht in allen der Spiegel gleich hoch – und jetzt liegt es an Euch, zu definieren, ob es ein Spiegel an Spiritualität ist, an Glauben, an Geist oder einfach das unmessbare Sein in Gott.

Im „hohepriesterlichen Gebet“ spricht Jesus: Joh 17,21 Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so sollen auch sie in uns sein, auf dass die Welt glaube, dass du mich gesandt hast. 22 Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, auf dass sie eins seien, wie wir eins sind, 23 ich in ihnen und du in mir, auf dass sie vollkommen eins seien und die Welt erkenne, dass du mich gesandt hast und sie liebst, wie du mich liebst. 24 Vater, ich will, dass, wo ich bin, auch die bei mir seien, die du mir gegeben hast, damit sie meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast. Diese nicht ganz leicht verständliche Ausdrucksweise meint im Grund so viel wie das Prinzip der kommunizierenden Gefäße.

Und im 1. Joh 4, 12f hören wir: Wenn wir uns untereinander lieben, so bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist in uns vollkommen. 13 Daran erkennen wir, dass wir in ihm bleiben und er in uns, dass er uns von seinem Geist gegeben hat.

Wie die Alten in der Wüste von einer Feuer- und einer Wolkensäule geleitet wurden, so könnte uns vielleicht die Wassersäule leiten, um auf dem gemeinsamen Grund gemeinsam gute Frucht zu bringen im Glauben und im Leben und im Lieben. Ja, vielleicht – und so könnte uns die Wassersäule auch durch die Wüsten der jetzigen Krise sicher geleiten.

Sicheres Geleit für jede und jeden einzelnen und für unsere Gemeinden und unsere Kirche wünscht allen

Eure

Ingrid Vogel