Liebe Interessierte am Nach-Denk-Brief!
Liebe Freundinnen und Freunde!

Wenn diese schweigen werden, so werden die Steine schreien (Lukas 19,40)

„Mutti, hör endlich auf mit der schrecklichen Mausike!“ So soll meine Mutter, die schon als kleines Kind sehr lärmempfindlich war, gerufen haben, als ihre Mutter mit ihrem Mann Hugo-Wolf-Lieder sang.
Nicht viel anderes hören wir von den Pharisäern, die auf den Gesang – und das war sicher kein Wohlklang sondern eher ein Gejohle und Geschrei–der Menge reagierten mit den Worten: „Meister, weise doch deine Jünger zurecht!“.
Ja, mitunter kann Musik wirklich stören, kann als Lärm abgetan werden oder als Missklang, besonders, wenn der Inhalt jemandem nicht passt, wenn man ein politisches Lied unterbinden will.

Ein solches politisches Lied war das Lob der Menge ganz sicher.

Am Palmsonntag hören wir vom Einzug Jesu in Jerusalem im Zusammenhang: „Da fing die ganze Menge der Jünger an, mit Freuden Gott zu loben mit lauter Stimme über alle Taten, die sie gesehen hatten, und sprachen: Gelobt sei, der da kommt, der König, in dem Namen des Herrn! Friede sei im Himmel und Ehre in der Höhe!“

Die Jünger feiern den Messias.

Die Jünger feiern den König des Lebens – auf dem Weg zum Leiden, zum Kreuz. Die Jünger feiern den Kommenden mitten in der Gegenwart.
Das geht den Pharisäern eindeutig zu weit. „Ruhe – Aufhören – Genug“!
Jesus aber will diesen Jubel nicht unterbrechen. Darum antwortet er eher flapsig den ewigen Kritikern: Wenn diese schweigen werden, so werden die Steine schreien. So ganz nach dem Motto: Ihr werdet schon sehen, wo ihr hinkommt, wenn ihr denen das Singen verbietet.

Sicher – die Steine werden schreien. Die Steine unserer Kirchen –

Diesen Schrei höre ich schon jetzt in der Coronakrise sehr deutlich. Es ist der Schrei der Stein geworden ist in den Kirchen dieses Landes und besonders in den Ländern, in denen Kirchen säkularisiert wurden, umgerüstet auf Turnsäle, Schwimmbäder oder Restaurants – nein, man kann nicht alles aufgeben, nicht alle Kirchen ausmerzen, nicht allen Glauben zunichtemachen – das ist noch nie gegangen!

Man kann nicht alle Kirchen zusperren, n denen über Jahrhunderte das Lob Gottes gesungen wurde.
Die Steine wehren sich, sie singen und klingen eindringlich, aufmunternd, tröstlich und schön!
Die Steine unserer Kirchen mahnen an dieses Lob Gottes. Sie mahnen an den Glauben, der in diesen Mauern bekannt und gelebt wurde. Drum ist es auch eine Anfechtung, dass unsere so schöne Kirche in der Sackgasse im Hinterhof unscheinbar ist. Sicher stören die Kirchen auch so manchen, wie auch Kirchenglocken – denn sie sind unüberhörbar und unübersehbar. Sie sind gesellschaftlich und politisch höchst brisant. Mir fällt es sehr schwer, dass die Kirchen verstummen in dieser Zeit der Pandemie.

Mir ist es schwergefallen, als z.B. in Siebenbürgen vor über 30 Jahren viele Kirchen geschlossen wurden.
Mir ist es ein Stein des Anstoßes, dass unsere Kirchen auch dann, wenn sie könnten, oft so stumm bleiben.
Aber das Lob Gottes darf nicht verstummen! Schreien wir mit den Steinen unseren Jubel hinaus, bekennen wir sein Lob!
Gott schenke uns dazu Freudigkeit und seinen Heiligen Geist,

das wünscht Euch

Eure

Ingrid Vogel