Liebe Interessierte am Nach-Denk-Brief!
Liebe Freundinnen und Freunde!
Ich, der HERR, wandle mich nicht. Maleachi 3, 6
Wenn schon alles dauernd im Fluss ist – welch tröstliche Aussage, dass ER sich nicht wandelt. Wie gut tut es zu wissen, man hat einen Fixpunk! Das nimmt auch das Lied 488,2 auf: Wie bald verebbt der Tag, das Leben weicht,
die Lust verglimmt, der Erdenruhm verbleicht; umringt von Fall und Wandel leben wir. Unwandelbar bist du: Herr, bleib bei mir!
Der Papst Innozenz III. sah in einer Vision die einstürzende Lateransbasilika, die „Mutter aller Kirchen“. Der Mann, der sie auffängt, ist Franz von Assisi. Der Legende nach bewog Innozenz dieser Traum dazu, der Ordensregel zuzustimmen und damit den Franziskanerorden auf rechtliche Basis zu stellen.
Diese Geschichte ist eine doppelte Wandungsgeschichte:
Die erste Wandlung ist jene des Giovanni, Sohn des wohlhabenden Tuchhändlers Pietro di Bernardone und dessen Frau Giovanna, bekannt als Franz von Assisi (1181 oder 1182 -1226). Er bekam eine für jene Zeit gute Ausbildung und lebte als Geschäftsmann wahrlich nicht in armen Verhältnissen. Eine erste Wandlung trat ein, nachdem er an dem Krieg gegen Perugia auf der Verliererseite gekämpft hatte. Der Legende nach war es dann ein Gebet vor dem Kreuz in San Damiano, bei dem er die Stimme der Berufung hörte. Als Poverello diente er seither Gott und gründete, kurz gesagt, den Orden der Minderbrüder.
Die zweite Wandlungsgeschichte ist jene des Innozenz III.
Auch er aus einem wohlhabenden, sogar adeligen Geschlecht, geboren als Lotario dei Conti di Segni. Innozenz war der bekannteste Kirchenrechts-gelehrte seiner Zeit, ein unerbittlicher Gegner der Häresie und Befürworter der Inquisition. Jedwede Neuerung betrachtete er skeptisch. Doch dann brachte der auf dem Bild dargestellte Traum die Wandlung, die letztlich zur Anerkennung der Franziskanerregel führte.
Nicht jede Wandlung ist so dramatisch und auch äußerlich so deutlich sichtbar.
Aber Wandlung geschieht in jedem Christenleben – hoffentlich immer wieder, durch den, der selbst unwandelbar ist. Neue Erkenntnisse über ethische Folgerungen im eigenen Tun, neue Einstellungen zu Fragen des Alltäglichen, neue Einsichten in Zusammenhänge und Komplexitäten des Lebens – das alles sind Ergebnisse von Wandlungsprozessen, die uns auf dem geistlichen Pfad durch unser Leben begleiten mögen.
Nicht Verwandlung, wie die Metamorphose, von der ich gestern schrieb, sondern Wandlung in unserem Inneren, das ist das Ziel jedes kontemplativen Weges, jeder Meditation, jedes innigen Gebets.
Zum heutigen Sonntag Jubilate ist natürlich der „Schöpfungsheilige“ Franziskus ein besonders gutes Beispiel (die alttestamentliche Lesung ist der Schöpfungsmythos aus Genesis 1), und als Wochenspruch leitet die klare Feststellung aus 2. Korinther 5, 17 durch die Woche:
Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur;
das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.
Gottes Geleit auf Eurem Wandlungsweg wünscht Euch
Eure
Ingrid Vogel