Liebe Interessierte am Nach-Denk-Brief!
Liebe Freundinnen und Freunde!

Die stille Woche – so heißt die Karwoche auch.

In diesem Jahr ist sie vielleicht stiller, als wir uns das wünschen.
Es ist die Woche, in der – früher zumindest – das Nach-denken über das eigene Leben im Vordergrund stand.
Nach-denken: was bestimmt mein Leben, wer regiert in mir?

In diesem Jahr sind wir nicht zufrieden damit, dass die Wirtschaft einen Stillstand hat, dass das Feiern mühsam quasi nicht möglich ist, dass die Gesänge einsam sind in den Kirchen, u.v.m. Doch nur aus der Stille können wir auch wieder Mut und Kraft schöpfen für den Weg aus der Tiefe heraus.

Der Mönch gebietet allen, die diesen Ort betreten, zu schweigen.
Still zu werden, ist ja normal im Alltag kaum möglich. Da lärmt es rund um uns, da spielt es in uns Granda, da laufen die Ameisen durch den Kopf – wie ein Meditationslehrer einmal sagte.
Still werden – schweigen – hören!
Ein kleiner Kanon will uns mitnehmen auf diesen Weg des Schweigens, der Hörens und so den Frieden zu suchen.

Schweigezeiten in Klöstern, stille Tage in unserem eigenen Jahreslauf, einige Minuten des Schweigens im Alltag, das alles kann uns helfen, um die zarten Töne wieder neu zu hören, um dem Leben wieder auf die Spur zu kommen.

Schweigen ist nicht einfach nicht reden,

auch wenn man das meinen könnte: Wenn ich nicht rede, dann kann das sein, weil ich ängstlich bin oder beleidigt, weil ich niemanden zum Reden habe, weil es mir die Sprache verschlagen hat oder ich die Sprache des anderen nicht verstehe, ja auch, weil ich vielleicht stumm bin, oder weil man mir den Mund verboten hat.
Schweigen ist ein bewusstes Verzichten auf den Austausch von Mensch zu Mensch. Beim Schweigen kann es durchaus sein, dass ich einige Worte rede, bewusst gesetzte Worte – vielleicht in einem Seelsorgegespräch, oder um eine dringend nötige Mitteilung zu machen. Ich werde mich hüten, herumzuschwätzen, unnötige Worte zu machen, alles und jedes plappernd zu kommentieren, und ganz besonders werde ich achten, mit meinen Worten niemanden zu verletzen. Vor allem werde ich hellhörig sein, welche Gedanken mich begleiten. Schweigen ist in diesem Sinn ganz ähnlich wie fasten – man könnte auch sagen, Schweigen ist ein Wortfasten.

Umso wichtiger ist beim Schweigen das Hören,

nicht nur mit den Ohren – auch mit dem Herzen.
Was braucht jemand, wo steh ich einem anderen im Weg, wo hindere ich Kommunikation, die wohltut.

Eine Zeit des bewussten Schweigens kann die Qualität des Redens danach auf einen viel höheren Level heben. Aus der Achtsamkeit, die ich lerne, kann nicht nur mein Reden, sondern mein ganzer Umgang mit anderen neuen Tiefgang gewinnen.
Vielleicht können wir ja die Karwoche als stille Woche nützen, ein wenig zu schweigen und zu hören.

Stille Grüße für einige Minuten Schweigen an jedem Tag dieser Woche
wünscht Euch

Eure Ingrid Vogel