Liebe Interessierte am Nach-Denk-Brief!
Liebe Freundinnen und Freunde!

Brot und Wein – wie jeder weiß, war unsres Heilands letzte Speis.

So stand es in einem Landgasthof an der Brennerstraße.
Ich hab den Spruch gelesen im Jahr 1970, als ich mit meiner Mutter nach meiner Matura dort übernachtete. Leider weiß ich nicht mehr, wie der Vierzeiler weiterging.
Aber seither bewegt mich diese schlichte Aussage des volkstümlichen Gedichtchens, geschrieben an die Stubenwand – klar als Aufforderung, dem Wein zuzusprechen.

Gestern war uns das Wort aufgetischt, heute das Sakrament.
Kernstücke unseres lutherischen Bekenntnisses, wie es in der Augsburger Confessio heißt: (Artikel 7)
Es wird auch gelehrt, dass allezeit eine heilige, christliche Kirche sein und bleiben muss, die die Versammlung aller Gläubigen ist, bei denen das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente laut dem Evangelium gereicht werden. Denn das genügt zur wahren Einheit der christlichen Kirche, dass das Evangelium einträchtig im reinen Verständnis gepredigt und die Sakramente dem göttlichen Wort gemäß gereicht werden.

Heißt das, wir sind im Moment nicht Kirche?

Meint das, dass dort, wo traditionell nur 3-4x im Jahr Abendmahl gefeiert wird, nicht Kirche ist? Oder könnte es sein, dass in der Zeit des Geheimprotestantismus in Österreich keine Kirche war? – Nein, ganz sicher nicht!

Kirche kann auch Zeiten des Verzichts leben,

kann auch gerade im zeitweisen Mangel gestärkt werden – ähnlich wie durch fasten. Abendmahlfasten als Form des Bedenkens, des Wahrnehmens, was uns wirklich geschenkt ist, wenn uns aufgetischt wird und auch als Mahnung an die diakonischen Aspekte des Herrenmahls. Erkennen, dass genau das Abendmahl eigentlich – fast – ein Fastenessen ist: bedenkt man, dass Brot in unseren westlichen Kreisen Grundnahrungsmittel ist und dass der Wein, bei aller Festlichkeit und Gefährlichkeit, nötig war, um Wasser in den sumpfigen Gegenden und in den Wüstengebieten trinkbar zu machen.

Und doch ist genau dieses, das Abendmahl, das höchste Fest –

gewissermaßen die Spitze dessen, was uns geschenkt ist:

Leib Christi, Blut Christi – ER selbst!

Wie bei allem kommt es also auf die Betrachtungsweise an.

Wort und Sakrament gehören zusammen.

Drum gibt es auch in der protestantischen Kirchbautradition sogenannte Kanzelaltäre – also Altäre, bei denen die Kanzel im oberen Teil des Hochaltares direkt über dem Abendmahlstisch schwebt. In besonderen Ausführungen ist auch noch die Orgel integriert, Zeichen der besonderen Verkündigung und des fröhlichen Mitfeierns aller.
Der Taufstein steht dann oft in der Mitte vor dem Altar.
So ist alles „aufgetischt“ aus dem reichhaltigen Menü der lutherischen Theologie –
und da sage noch einer, wir hätten keinen liturgischen Reichtum, wären nicht auf Sinnenfälliges ausgerichtet und verstünden nicht recht zu feiern!

Ich freu mich schon wieder auf richtige große Abendmahlsfeiern mit vielen Mitkommunizierenden, fröhliche Lieder, die wir gemeinsam singen und gute Predigten, die mir das Herz aufgehen lassen und zugleich mich mahnen und stärken, trösten und erfreuen!

Eure

Ingrid Vogel